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Preise drängen Ärmere ins Elend

Inflationsrate hoch wie seit 40 Jahren nicht – SoVD fordert mehr Abfederungsmaßnahmen.

Mensch schiebt einen Einkaufswagen durch den einen Supermarkt.
Nicht nur die Preise für Öl und Gas steigen immer weiter, auch für Nahrungsmittel müssen Verbraucher*innen immer tiefer in die Tasche greifen. Foto: Minvera Studio / Adobe Stock

Seit Monaten steigen die Preise. Insbesondere die Energie- und Heizkosten schießen weiter in die Höhe. Aber auch viele Grundnahrungsmittel sind deutlich teurer geworden. Die Inflationsrate, angetrieben durch den Angriffskrieg auf die Ukraine, lag im März bei 7,3 Prozent. Zu spüren bekommen das vor allem diejenigen, die ohnehin wenig haben. Die Entlastungspakete der Regierung helfen, reichen aus Sicht des SoVD aber nicht aus, um die Ärmsten aufzufangen.

Die Inflation ist auf den höchsten Stand seit der Wiedervereinigung gestiegen. In den alten Bundesländern gab es laut Angaben des Statistischen Bundesamtes einen ähnlich hohen Wert zuletzt im Herbst 1981. Im Februar hatte die Jahresinflationsrate noch bei 5,1 Prozent gelegen. Höhere Teuerungsraten schmälern die Kaufkraft von Verbraucher*innen.

Sie merken zum Beispiel an der Supermarktkasse, dass sie für ihr Geld weniger kaufen können als zuvor. Um die durch die Decke gehenden Preise tragbarer zu machen, hat die Ampelregierung mehrere Maßnahmen beschlossen. Sie sollen schnelle, unbürokratische und sozial gerechte Hilfe „für die Mitte der Gesellschaft“ leisten.

Energiepauschale erreicht nicht alle Menschen

Eine zentrale Hilfe ist die „Energiepauschale“, die demnächst mit dem Gehalt ausgezahlt werden soll (wir berichteten). Die Höhe der tatsächlich ausgezahlten Unterstützungsleistung ist dabei von der Einkommensteuer abhängig. Das heißt: Geringverdienende bekommen netto mehr heraus als Menschen mit hohem Steuersatz.

Die unbürokratische Entlastung findet die Zustimmung des SoVD. Der Verband kritisiert jedoch, dass bei der Bonuszahlung Personengruppen leer ausgehen, die die Unterstützung ebenfalls dringend benötigen würden. So bleiben alle Minijobber*innen und ein Großteil der Midijobber*innen außen vor. Auch Auszubildende ohne Vergütung und Studierende wurden nicht einbezogen. Von der Unterstützungsleistung ausgenommen ist zudem die Gruppe der Renter*innen. In einem offenen Brief wandte sich Adolf Bauer deshalb mit dem dringenden Appell an die Bundesregierung, auch weitere Personenkreise zu berücksichtigen.

Damit reagierte der SoVD unter anderem auf zahlreiche Zuschriften von SoVD-Mitgliedern, die zutiefst enttäuscht über den vorgesehenen Ausschluss sind, zumal ihnen bewusst ist, dass gleichzeitig Erwerbstätige mit hohen und sehr hohen Einkommen zumindest anteilig von der Pauschale nutznießen.

Maßnahmenpakete reichen für die Ärmsten nicht aus

Abgesehen davon, dass die Energiepauschale nicht überall, wo sie gebraucht wird, ankommt, genügt die Unterstützungsleistung aus Sicht des SoVD gerade bei schwächeren Haushalten nicht, um die eklatanten Preissteigerungen von inzwischen über sechs Prozent gegenüber dem Vorjahr aufzufangen. Daran ändern auch die geplante Einmalzahlung von 200 Euro unter anderem für Empfänger*innen von Sozialleistungen und das Neun-Euro-Ticket für den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) nur wenig.

Arme Menschen waren bereits von der Pandemie und den gestiegenen Wohnkosten hart getroffen. Sie können nicht weiter einsparen.  Armutsforscher*innen warnen vor der drohenden „Verelendung“ vieler Menschen. Die Leistungen, die bei längerer Arbeitslosigkeit oder niedriger Rente eine Grundsicherung gewährleisten sollen, reichen längst nicht mehr aus, um das Existenzminimum zu sichern.

Das lässt sich auch in Zahlen deutlich machen: Noch nach einem Beschluss der Großen Koalition stieg der Hartz-IV-Regelbedarf für Alleinstehende zum 1. Januar 2022 von 446 um ganze  drei Euro auf 449 Euro im Monat. Nur etwas mehr als fünf Euro pro Tag sind für Lebensmittel und alkoholfreie Getränke vorgesehen.

SoVD fordert monatlichen Krisenzuschlag

Es liegt auf der Hand, dass eine ausgewogene Ernährung mit den geltenden Regelsätzen schon vor dem Anstieg der Preise kaum möglich war – daran ändert auch die minimale Erhöhung zu Jahresbeginn nichts.

Weil nun gerade die Grundnahrungsmittel wie Brot, Mehl, Nudeln sowie Obst und Gemüse spürbar teurer geworden sind, können sich immer mehr Menschen nicht gesund und ausreichend ernähren.

Gemeinsam mit anderen Organisationen und Verbänden forderte der SoVD deshalb Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf, armutspolitisch noch stärker als bislang gegenzusteuern. Der SoVD bekräftigte dabei seine Forderung, in den Grundsicherungssystemen bis zur grundsätzlichen Neufestlegung der Regelsätze einen monatlichen Krisenzuschlag in Höhe von 100 Euro zu zahlen.

Viele Gruppen vergessen

„Die geplante Einmalzahlung für die Empfängerinnen und Empfänger von Transferleistungen in Höhe von 200 Euro geht zwar in die richtige Richtung, entspricht aber gerade mal 16,66 Euro im Monat“, so SoVD-Präsident Adolf Bauer Das könne die exorbitanten Teuerungen nicht ausreichend abfedern.

Besonders wichtig sei es, hierbei auch Haushalte mit geringem Einkommen knapp oberhalb der Grundsicherungsschwelle nicht zu vergessen: „Ob BAföG-Empfängerinnen und -Empfänger, Wohngeldbeziehende, Kinderzuschlagsberechtigte oder Rentnerinnen und Rentner mit kleinen Renten – sie müssen ebenfalls entlastet werden. Viele Rentnerinnen und Rentner, die überwiegend mit einer mageren Rente auskommen müssen, können schlicht den Gürtel nicht noch enger schnallen“, betont Bauer.

Mindestlohn früher einführen und erhöhen

Neben den Sozialleistungen halten auch die Löhne mit der Verteuerung nicht Schritt. Der SoVD fordert deshalb, den Mindestlohn früher als geplant anzuheben. Aus Sicht des SoVD sollte zudem geprüft werden, ob zur Verbesserung der Kaufkraft vieler Menschen im Niedriglohnbereich die für Oktober vorgesehene Anhebung in der geplanten Höhe überhaupt noch ausreicht. „Für uns als SoVD steht fest, dass der Mindestlohn mindestens 13 Euro pro Stunde betragen muss“, sagt der SoVD-Präsident.

Wegen der immensen Staatsausgaben sowie zur Einnahmeverbesserung der öffentlichen Haushalte fordert der SoVD, eine Anhebung des Spitzensteuersatzes, die Wiedereinführung der Vermögensteuer oder eine Vermögensabgabe nicht länger zu tabuisieren. „Wir brauchen endlich ein Umdenken der politisch Verantwortlichen. Es kann doch nicht sein, dass die Ärmsten weiter abrutschen, während gleichzeitigder noch in der Corona-Pandemie gewachsene private Reichtum der Reichsten zu wenig zur Finanzierung unseres Gemeinwesens herangezogen wird.“